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Dienstag, 9. Januar 2024

Grober Unfug

Die Siegener Zeitung, die Johanna-Ruß-Schule und die Büchse der Pandora: zwei kurze, aber an prominenter Stelle stehende Ausschnitte aus dem Jahresrückblick 2023 des Lokalblattes und mein Leserbrief dazu, der ungedruckt blieb.

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Attach:{=$:Thumbnail}"{{=$Name}$:Titel}"? {{=$FullName}$:Kurztext} {{=$Name}$:Titel}? Donnerstag, 21. November 2024

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Siegener Zeitung, Donnerstag 28. Dezember 2023, S.4

Das sind die Gewinner und Verlierer 2023

Ein persönlicher Rückblick der Lokalredaktion auf Katastrophen und Lichtblicke in der Region. Die einen werden von Fortuna beschenkt, die anderen öffnen die Büchse der Pandora. Bei SMS flattert ein Milliardenauftrag ins Haus, bei der Bahn herrscht Murphys Gesetz.

Von Andreas Goebel

[Dann unter „Die Verlierer“ auf Platz 7 von 12:]

Platz 7: Johanna-Ruß-Schule Siegen: Lehrpersonen müssen sich parteipolitisch im Unterricht neutral verhalten. Doch an der der Anthroposophie verpflichteten Schule geraten die Kinder zwischen die Fronten von Impfgegnern, Corona-Leugnern und Impfbefürwortern. An der Freien Waldorfschule gibt es Konflikte zwischen Lehrern und Teilen der Schülereltern. Die Gräben sind sogar für Mediatoren zu tief.

Siegener Zeitung, Freitag 29. Dezember 2023, S.4

Jahresrückblick:

Das sind die großen Themen des Jahres 2023

SZ-Redakteur Andreas Goebel schaut durch seine Brille auf gut 280 Ausgaben der Siegener Zeitung. Wieder muss er feststellen, dass zwar schlechte Nachrichten überwiegen. Doch es gibt auch Grund für Optimimus.

Von Andreas Goebel

(…)

Im Februar blamiert sich die Johanna-Ruß-Schule Siegen nach Strich und Faden. Mit Anthroposophie hat das, was sich da zwischen Querdenkern und Eltern, die einfach nur ihre Sprösslinge gut unterrichtet und versorgt haben wollen, nichts zu tun. Mittendrin: die Kinder. Was hätte wohl Rudolf Steiner dazu gesagt?

Mein Leserbrief, abgeschickt an die Lokalredaktion am 29.12.2023:

Zu den beiden Jahresrückblicken am 28. und 29.12. von Andreas Goebel, jeweils S.4:

Den beiden allzukurzen Abkanzelungen der Johanna-Ruß-Schule liegt ein gravierendes Missverständnis zu Grunde: Es handelte sich bei der Tragödie dieser unmittelbar vorher noch blühenden Schule nicht um einen Konflikt zwischen einerseits „Querdenkern, Corona-Leugnern etc.“ und andererseits „Teilen der Elternschaft“, sondern um einen gewaltsamen Putsch einer kleinen Minderheit, die sich insbesondere im Vorstand kristallisierte. Sämtliche Kündigungsgründe gegen die gekündigten LehrerInnen wurden mittlerweile vom Arbeitsgericht abgeschmettert. Dabei wurde auch die vereinsrechtliche „Fragwürdigkeit“ der Rausschmisse thematisiert. Nach wie vor weigert sich der Putsch-Vorstand, Mitgliederversammlungen zur Feststellung des Mehrheitswillens durchzuführen – bei denen er vermutlich auch keine Chance auf Wiederwahl hätte.

Wie soll die Allgemeinheit ohne diese Informationen begreifen, dass die komplette Gruppe derjenigen (teilweise ex-) KollegInnen, die diese Schule mit aufgebaut und über 28 Jahre in ihrer Substanz getragen hat (lassen wir den Begriff „Anthroposophie“ dabei ruhig außen vor), schockiert ist über dies Handeln bestimmter Menschen, die nicht den Rückweg finden? Neben den 6 KollegInnen, denen gekündigt wurde, nahmen 12 weitere ihren Abschied, weil sie dies nicht aushalten und mittragen konnten.

Die Kinder gerieten zwischen die Räder, richtig: indem man nämlich neben 3 Kolleginnen, deren Nase nicht passte, zeitgleich den entsprechenden über 20 Familien (alles kleinere Kinder der Unterstufe) kündigte. Ein perfider, aber aufgehender Plan: welche Eltern wollen schon ihr Recht auf Besuch einer solchen Schule wieder einklagen? Weitere Eltern „rochen“ rechtzeitig, was los ist, und verließen das Schiff, so dass die Schülerzahl in Summe etwa um ein Drittel einknickte.

Corona? Man kann dokumentieren, dass bereits Monate vor der Eskalation diese Thematik ausgestanden war, d.h.: dass sich in dem Kollegium längst die über Jahrzehnte kultivierte Solidarität auch unter diesen Bedingungen bewährt hatte. Auch die überwältigende Mehrheit der Elternschaft stand aus Erleichterung und Dankbarkeit über die vorbildlich überstandene Coronazeit (wenige Schließzeiten, wenige Krankheitsfälle) hinter der Schule.

Worin dann die Motive zur Destruktion lagen, das verschließt sich wohl bis auf weiteres einer öffentlichen Diskussion.

In beiden Rückblick-Abschnitten wurde „Anthroposophie“ angesprochen. Wer sich hiermit hinlänglich auseinandergesetzt hat, weiß: Die Frage, „was Rudolf Steiner dazu gesagt hätte“, bringt erfahrungsgemäß rein gar nichts. Das hat seinen inhaltlichen Grund darin, dass Anthroposophie sozusagen das Angebot einer Anleitung dazu ist, im Hier und Jetzt wach und verantwortlich zu handeln, d.h. sich als Mensch auch in komplizierten Situationen zu bewähren. Weiter nichts.

Als ein „Gewinner der Jahres“ wurde am 28.12. ein anderer freier Schulträger genannt. Vielleicht sollte man den Putschisten, wenn sie denn die Schule nicht wieder denen übereignen wollen, die sie getragen haben und gerne weiter tragen würden, vorschlagen: übergebt doch die Restbestände diesem andern Träger. Dann lichten sich vielleicht auch die Verhältnisse in bezug auf „Anthroposophie“.

Martin Cuno, Siegen-Seelbach



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